Verfahren

Wird gegen einen Jugendlichen oder einen Heranwachsenden ein Strafverfahren eingeleitet, müssen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte unverzüglich das Jugendamt einschalten. Das Jugendamt hat gemäß der §§ 38 und 50 Abs. 3 Satz 2 des Jugendgerichtsgesetzes im Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz mitzuwirken. Es fungiert als Jugendhilfe im Strafverfahren und wird nicht erst auf Bestellung tätig sondern von Gesetzes wegen.

Rechtsgrundlagen

Weitere Hinweise

Die Jugendhilfe im Strafverfahren hat folgende Rechte:

  • Recht auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung und auf rechtzeitige Unterrichtung von Zeit und Ort der Hauptverhandlung (§ 50 Absatz 3 Satz 1 Jugendgerichtsgesetz)
  • Recht in der Hauptverhandlung angehört zu werden (§ 50 Absatz 3 Satz 2, Absatz 3 Satz 3) und sich auch sonst in jedem Verfahrensstadium zu äußern, insbesondere zu der Erteilung von Auflagen oder Weisungen (§§ 38, 31 Jugendgerichtsgesetz, § 52 Absatz 2 Sozialgesetzbuch VIII)
  • Im Strafverfahren die sozialpädagogische Einschätzung bezüglich der Persönlichkeit, dem Entwicklungsstand, der sozialen Situation und den Perspektiven des jungen Menschen einzubringen (§ 38 Absatz 2 Satz 1, 2, §50 Absatz 3, Satz 2 Jugendgerichtsgesetz)
  • Umfassendes Kontakt- und Verkehrsrecht mit dem Beschuldigten (§ 93 Absatz 3 Jugendgerichtsgesetz in Verbindung mit § 148 Strafprozessordnung). Insbesondere auch bei in U-Haft befindlichen jungen Menschen ist die Jugendhilfe im  Strafverfahren zwingend und "unverzüglich" heranzuziehen (Haftvermeidungshilfe) (§ 72a Jugendgerichtsgesetz)
  • Mit der Haftentscheidungshilfe kann die Jugendhilfe im Strafverfahren Alternativen beziehungsweise Entscheidungsgrundlagen zur Vermeidungshilfe liefern (§ 72 Jugendgerichtsgesetz)
  • Die Jugendhilfe im Strafverfahren kann und soll zu § 105 Jugendgerichtsgesetz (Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende) und § 3 Jugendgerichtsgesetz (strafrechtliche Verantwortlichkeit) Stellung beziehen
  • Speziell bei Jugendlichen das Recht, die Beseitigung des Strafmakels zu beantragen (§ 97 Absatz 1 Jugendgerichtsgesetz)

Darüber hinaus übernimmt die Jugendhilfe im Strafverfahren auch die Rolle als Beratungsorgan der Justiz, das heißt sie hat auch ihr gegenüber bestimmte Pflichten und Aufgaben wahrzunehmen:

  • Gericht und Staatsanwaltschaft sind umgehend darüber zu informieren, wenn Leistungen bereits stattgefunden haben oder eingeleitet wurden, damit durch die Justiz geprüft werden kann, ob eine Diversion (Mittel, eine minderschwere Straftat ohne ein förmliches Strafverfahren zu erledigen) des Strafverfahrens (§§ 45, 47 Jugendgerichtsgesetz) möglich ist (§ 52 Absatz 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch VIII)
  • Überwachung von gerichtlich ausgesprochenen Weisungen und Auflagen sowie erheblichen Verstößen (nicht bei kleineren Unregelmäßigkeiten) dem Gericht mitzuteilen (§ 52 Absatz 2 Sozialgesetzbuch VIII in Verbindung mit § 28 Absatz 2 Satz 5 und 6 Jugendgerichtsgesetz), wenn hierzu kein Bewährungshelfer bestimmt wurde (§§ 38 Absatz 2 Satz 7 und 10 Absatz 1 Nummer 5 Jugendgerichtsgesetz)
  • In Haftsachen berichtet die Jugendhilfe beschleunigt über das Ergebnis ihrer Nachforschungen

Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter der Jugendhilfe im Strafverfahren hat eine strafrechtlich bewehrte Schweigepflicht (§ 203 Absatz 1 Nummer 5 Strafgesetzbuch), aber kein Zeugnisverweigerungsrecht im Strafverfahren.